Elektromotoren deutlich effizienter machen
Elektromotoren stecken in vielen Alltagshelfern: Haushaltsgeräte, E-Roller, Elektro-Fahrräder, Drohnen und viele andere Geräte werden von ihnen angetrieben. Dabei gibt es ein Problem: Je kleiner die Motoren, desto grösser sind die Effizienzverluste durch ein magnetisches Phänomen, die so genannten Eisenverluste. Diese Verluste will ein internationales Forschungsteam nun drastisch reduzieren und statt herkömmlicher Eisenlegierungen so genanntes metallisches Glas verwenden.
Wer heute an Elektromotoren denkt, hat wohl fast immer ein Elektroauto vor Augen. Elektromotoren spielen aber natürlich noch in tausend anderen Geräten eine zentrale Rolle. Kaum ein Haushaltsgerät kommt ohne Elektromotor aus, und auch für die Mobilität unterhalb des Automobils spielen sie eine grosse Rolle, etwa in E-Bikes und Elektrorollern. Zudem werden Drohnen jeglicher Art von E-Motoren angetrieben; sie werden künftig wohl eine grössere Rolle spielen, sei es in der Logistik, im Katastrophenschutz oder auch im Verkehrswesen.
„Suchen wir nach Möglichkeiten, Elektromotoren effizienter und umweltfreundlicher zu machen, schauen wir meistens auf die Seite der Batterie. Aber auch beim Elektromotor selbst lassen sich eine Menge Verluste noch reduzieren und somit die Effizienz des Antriebs steigern“, erklärt Ralf Busch. Der Professor für Metallische Werkstoffe an der Universität des Saarlandes ist einer der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die sich nun gemeinsam mit Partnern aus Wissenschaft und Industrie an die Erforschung einer Methode machen, mit der die Effizienz der Motoren gesteigert werden soll.
Diverse Elektromotoren, mit 9-V-Batterie als Grössenvergleich. Bild: Wikipedia
Gelingen soll das über die Verringerung so genannter Eisenverluste. Matthias Nienhaus, Professor für Antriebstechnik an der Universität des Saarlandes, erklärt diese so: „In einem Elektromotor wechselt bei der Energiewandlung viele Male in der Sekunde das Magnetfeld im Antrieb. Bei jedem einzelnen Magnetfeld-Wechsel kommt es zu Effizienzverlusten, die dann die Effizienz des Motors selbst verringern.“ Kurz gesagt: Der Motor könnte die ihm zugeführte elektrische Energie besser in Bewegung umsetzen, wenn die Verluste geringer wären. Um im Bild der Mobilität zu bleiben: Der Motor könnte das Fahrzeug länger antreiben und damit die Reichweite steigern.
Das Problem dabei ist aber, dass für die Komponenten des Motors, die das Magnetfeld leiten, Eisen als grundlegendes Metall nötig ist. Allerdings weist Eisen verhältnismässig hohe Effizienzverluste auf. Ralf Busch und seine Kollegin Isabella Gallino haben für dieses Problem einen Lösungsansatz im Sinn, der dank des Fortschritts im 3-D-Druck möglich geworden ist: „Auch amorphe Eisenlegierungen sind weichmagnetisch, eignen sich also zum Ummagnetisieren wie eine Spule mit einem Kern aus einer herkömmlichen Eisenlegierung. Dabei fallen aber die Eisenverluste viel geringer aus.“ Amorphe Metalle, auch Metallische Gläser genannt, sind Schmelzen, die in Sekundenbruchteilen abkühlen und dabei kein festes Kristallgitter bilden wie langsamer abkühlende Metallschmelzen. Dadurch verändern sie ihre Eigenschaften drastisch, obwohl sie hier wie da beispielsweise aus Eisen bestehen.
„Eine solche amorphe Eisenlegierung könnte, in einen Elektromotor eingebaut, die Eisenverluste dramatisch verringern. Das wäre ein Riesenschritt in die Zukunft“, erklärt Matthias Nienhaus, der gemeinsam mit seinem Mitarbeiter Chris May künftig E-Motor-Prototypen aus amorphem Metall bauen will. Hier kommt nun der Fortschritt im 3-D-Druck ins Spiel: „Seit zwei Jahren etwa ist es möglich, dass man auch amorphe Metalle im 3-D-Drucker verarbeiten kann“, erklärt Isabella Gallino, die das Projekt federführend eingeworben hat. Amorphe Eisenlegierungen sind bislang im industriellen Massstab nur als sehr dünne Bänder herstellbar. Ihre grösste Anwendung besteht derzeit noch darin, dass sie in Diebstahlsicherungen von Kaufhausartikeln verbaut werden. „Wir könnten mit neuartigen Druckverfahren aber ein grösseres Werkstück aus amorphem Eisen herstellen, das auch als Weichmagnet in Elektromotoren einsetzbar ist“, führt die Materialwissenschaftlerin aus. Dafür drucken sie – vereinfacht gesagt – ein dünnes Band nach dem anderen und fügen es zu einem grossen Teil zusammen. Gelingt dies, wären die Eisenverluste im Elektromotor auf einen Schlag drastisch niedriger als bisher.
Natürlich bedarf es dazu einer Menge Know-how, denn ein solches Vorhaben gelingt nicht mit einem 3-D-Drucker aus dem Elektronikmarkt. „Zuerst müssen wir Werkstoffwissenschaftler das amorphe Eisen so designen, dass am Ende die gewünschten Eigenschaften herauskommen“, erklärt Isabella Gallino den ersten Schritt. „Im Anschluss liefert unser Industriepartner Heraeus das spezielle Pulver für den 3-D-Drucker, aus dem dann unsere Partner in Schweden und Spanien das amorphe Metall in einem speziellen Lasersinterverfahren dreidimensional drucken. In Italien schliesslich wird das fertige Werkstück auf seine magnetischen Eigenschaften hin untersucht. Dort sitzen die europaweit besten Spezialisten für diesen Arbeitsschritt“, so die Wissenschaftlerin weiter.
„Wenn das alles zusammenpasst, kommt das Werkstück schliesslich wieder in Saarbrücken an, wo wir dann den Prototypen des Elektromotors bauen, der hoffentlich die entsprechend hohe Effizienz an den Tag legt“, erklärt Professor Nienhaus, der Experte für den Bau des Elektromotors.
Ist das Forschungsprojekt erfolgreich, folgt nach vier Jahren grundlegender Forschung möglicherweise ein Technologietransfer, um ein marktreifes Produkt zu entwickeln. Zwar zielt der jetzige Ansatz vorrangig auf kleine Motoren ab. „Aber wer weiss, wo das hinführt: Vielleicht können wir dadurch mittelfristig auch dazu beitragen, die Reichweite von Elektroautos massiv zu erweitern“, blickt Ralf Busch in die Zukunft. Es wäre kein kleiner Beitrag hin zu einer nachhaltigeren Welt.